Tag 98 - 117 Vernon bis Manchester Center
Appalachian Trail 2015
Tag
Trailmile
Tage 98 - 111, 30.6. - 13.7., Cheshire
Die letzten Wochen waren äußerst spannend und an manchen Tagen auch ein bisschen deprimierend. Zunächst ging es nach Vernon kräftig bergauf und ich erreichte nach einigem Klettern die Bundesstaatengrenze zwischen New Jersey und New York. An diesem Tag kam ich beim Abstieg an einem glatten Stein ins rutschen und legte mich zünftig hin. Dabei hobelte ich mir auch ein bisschen Haut von der rechten Hand bis aufs Fleisch weg. Zum Glück ist da nicht mehr passiert. In den folgenden Tagen überquerte ich den Hudson River und die tiefste Stelle des Trails (mitten in einem Zoo vor dem Bärenkäfig). Am 3.7. kam ich dann am Haus eines wunderbaren Trailangels vorbei. Dort gab es alles von Dusche bis Waschmaschine und Limonade bis Bier. Der nächste Tag war Indipendence Day, der größte Feiertag im Land. So blieben die meisten beim Trailangel und machten eine dicke Party. Ich musste jedoch weiter, da ich mich mit meinem Besuch auf Great Barrington geeinigt hatte. So überquerte ich an diesem großen Feiertag die Staatsgrenze zu Conneticut. Das ist der erste Neuenglandstaat auf meiner Reise. Der Staat war nur 55 Mi kurz, aber wirklich gut in Schuss und schön zu laufen. Nach 2 Tagen querte ich die Grenze zu Massachusetts an einem wunderschönen Abend am Savages Ravine. Das ist ein kleiner Creek, in dem Bereich wurde der Weg sehr schmal. An einem Wasserfall stoppte ich und wollte ein Foto machen. Ich kam leider aus unerklärlichen Gründen ein wenig ins rutschen und ließ in einer unwillkürlichen Bewegung das Handy los. Dem Gesetz der Schwerkraft folgend, verabschiedete sich das in den Wasserfall. Alle meine Versuche das Handy im kalten Fluss zu finden schlugen fehl. Ich war echt ziemlich sauer über mich, aber es half nix. (Das ist der Grund warum dieser Beitrag so spät und etwas kürzer ausfällt). Am nächsten Tag ging es dann nach Great Barrington hinein. Ich wollte mir zunächst ein neues Handy kaufen. Im örtlichen At & T Shop hatten sie leider keine Trackphones, die auch noch mit deutscher SIM funktionieren würde. Trackphones sind hier Telefone die keine Vertragsbindung haben. Der Verkäufer schickte mich zum Walmart in die nächste Stadt. Also ging es mit dem Bus 2.5 h in die nächste Stadt Pittsfield. Dort gab es leider auch nicht das Gesuchte und so konnte ich nur unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen. In Great Barrington suchte ich mir dann ein nettes Motel und mit vollem Magen und sauberen Sachen sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Am nächsten Tag kam dann endlich der lang erwartete Besuch aus Deutschland. Mein Kumpel Phillip und ich hatten uns schon vor 3 Wochen ausgemacht, wo und wann wir uns treffen wollten. Er ist genauso alt wie ich und studiert zur Zeit in Rom an der Greogoriana Universität katholische Theologie. Um 12:30 hielt dann der Bus an der Hauptstraße in Great Barrington und dann stand mein Kumpel ein wenig verwirrt da, weil es kein Haltestellenschild gab und er nicht erwartete, einfach an einer Straße rausgeworfen zu werden. Ich hatte aber vorher ein bisschen recherchiert und wusste wo er anhält. Nach der überschwänglichen Begrüßung ging es erstmal was essen. Anschließend ging es in die Bibliothek. Ich bestellte mir via Web ein neues Handy und im Postamt schickten wir noch unnötiges Gepäck (Wintersachen und ein paar Schuhe für mich) in die nächste große Stadt. Ich war echt froh, dass alles so gut geklappt hat, da ich mich ja nicht mehr verständigen konnte. Für den ersten Tag waren dann 10 Mi angesetzt. Als wir uns gerade Richtung Frühstück aufmachen wollten, sprach mich noch eine junge Frau an. Sie bot uns an uns nach unserem Frühstück zum Trail zurück zu fahren, so mussten wir nicht weiter laufen. Am ersten Shelter an dem wir Pause machten, trafen wir noch einen anderen Thru-Hiker. Er gab Philipp direkt seinen Trailnamen - Smiley. An einer Straße veranstaltete unser Trailangel von heute morgen zusammen mit ihrem Freund noch eine richtig gute Trailmagic mit Burgern. Das Fleisch war selbst geräuchert (10 h) und schmeckte hervorragend. Zu guter letzt kamen wir irgendwann am Shelter an und hatten es für uns alleine. Smiley hatte auch noch genügend Elan um Feuerholz zu sammeln, aber nach dem Abendessen fing es an zu regnen und da hieß es dann doch in den Schlafsack steigen und den Regen genießen. Die komplette Nacht regnete es und der Morgen war recht feucht. Es ging gut gelaunt los und es lief prächtig. Kurz vor einer Trailmagic ging es über einen Brettersteg. Am Anfang hing ein Zettel: "Vorsicht Bienen". Vor uns liefen Moosey und Luke ohne Probleme rüber, danach folgte Smiley der auch noch ohne Probleme durchkam. Die Bienen stoben aber unter dem Steg hervor und der Vierte, sprich ich, wurde am Ende gestochen. Meine Tante hatte mir aber zum Glück ein Set für Schlangenbisse mitgegeben, mit dem man auch das Gift von Bienenstichen heraus holen kann. Es funktionierte tatsächlich ziemlich gut und in den nächsten Tagen schwoll mein Knie mit dem Stich nicht weiter an. Das Tagesziel war für uns aber noch nicht erreicht. Smiley entschied, dass er sich gut fühlte und das er unbedingt am nächsten Morgen Blaubeerpancakes in der Upper Pond Cabin haben wollte. Die letzten 3 Mi dieses 17 Mi Tages waren dann doch ein bisschen viel des Guten und nur durch langsameres Wandern zu überwinden. Dafür konnten wir nach dem Abendessen den See genießen und unsere Beine ins Wasser hängen. Die Blaubeerpancakes gab es am nächsten Morgen dann tatsächlich vom Caretaker, der sich um das Haus kümmerte. Mit 9 Mi war der dritte Tag für Smiley theoretisch auch sehr kurz. Am Abend konnte er jedoch seine Beine nicht mehr bewegen, erst nach einem guten Mittagsschlaf war das wieder möglich. Der vierte Tag für Smiley war dann wieder etwas besser. Es ging zunächst 2 Mi bis zur Cookie Lady. Hier gab es gekochte Eier und Limonade. Außerdem warteten hier zwei Päckchen auf mich. Ihr Inhalt waren ein neues Handy und Speicherkarten. Von da aus ging es bei bestem Wetter weiter bis zum 7 Mi entfernten Shelter. Am 13.7. galt es, zuerst ein bisschen nach oben zu klettern. Den ganzen Tag über war es schwül und in der Ferne hörten wir immer wieder das Grollen des Donners. Kurz vor der Stadt Cheshire kam dann noch einmal ein Ausblick ins Tal und auf die morgige Aufgabe - Mt. Greylock. In Cheshire ging es dann zunächst in den Gemeindesaal der Kirche. Hier schlugen wir unser Lager auf und brachen anschließend auf, um uns eine Pizza zu genehmigen. Leider war das Restaurant geschlossen. Auf dem Rückweg trafen wir dann jedoch einen Trailangel, der erzählte uns von einem Diner. Nach einer kurzen Stärkung im Donut Laden brachen wir dahin auf. Bei gebackenem Hühnchen und einem wunderbaren Sonnenuntergang fand der Tag einen schönen Abschluss.
Das war der kurze Abriss, was in den letzten Tagen passiert ist, den ich aufgrund meines kleinen Zusammentreffens mit dem Wasserfall stark gerafft habe.
Tag
Trailmile
14.7., Wilbur Clearing Shelter
In der Nacht kühlte es merklich ab, sodass auch in unserem kleinen Raum eine angenehme Temperatur zum Schlafen war. Nach einem kurzen Frühstück ging es heute ausnahmsweise nicht direkt zurück auf den Trail, sondern erstmal zum Gottesdienst, denn diese Möglichkeit bietet sich im Wald ja doch eher sehr selten. Danach hieß es jedoch fertig machen für einen laaaaaaangen Anstieg auf Mt. Greylock. Für ungeübte Beine nicht einfach, ging es doch hinauf auf 3491 ft. Kurz vor dem Gipfel kamen wir an einem kleinen See mit Hexenhaus vorbei, aber anscheinend war keiner zu Hause. Auf dem Gipfel selber gab es zur Abwechslung mal eine Baude, in der man sich tatsächlich einen Burger und Limonade leisten konnte. Nach diesem kulinarischen Hochgenuss ging der Weg weiter am Kriegerdenkmal vorbei, bergab bis zum Shelter. Am Abend kam ein Day-Hiker vorbei, den ich fragte wo man in der nächsten Stadt Gaskartuschen kaufen könnte. Er wusste es nicht genau, aber er hatte noch eine im Keller die er uns rausstellte, sodass wir sie uns nur mitnehmen mussten.
Tag
Trailmile
15.7., Williamstown
Für heute hieß es einfach nur 3 Mi bergab in die Stadt purzeln und einen schönen Nero verleben. Das Stückchen bergab ging Smiley ein wenig auf die Knie, aber das war bei mir am Anfang ja auch nicht anders. Als wir in die Stadt kamen, holten wir zunächst die Gaskartusche ab und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Das gestaltete sich doch schwierig, da im örtlichen Collage ein Tattoo Festival veranstaltete wurde. Am Ende gab es dann doch ein kleines Motel, was uns aufnahm. Smiley meinte nach der ersten Dusche seit Great Barrington nur: "Verrückt wie eine Dusche so gut sein kann." Nach dem Einkauf und einem kleinen Bummeln durch die Stadt legten wir einfach nur noch die Füße hoch.
Tag
Trailmile
16.7., Congdon Shelter
Nach dem üblichen Motelfrühstück mit Cornflakes und Muffins fuhr uns ein Motelmitarbeiter zurück zum Trail. Wie üblich ging es bergauf aus der Stadt hinaus. Im Anstieg biss mich dann wieder irgend ein Tier in die Wade. Ich weiß nicht warum, aber anscheinend trifft es echt immer den, der hinten läuft. Am Ende des Anstiegs wartete jedoch ein schönes Schild mit der Staatsgrenze zwischen Massachusetts und Vermont auf uns. Für Smiley hieß es damit erster und für mich elfter Bundesstaat geschafft. Kurz dahinter war dann auch die 1600 Mi Marke, die aber nicht sichtbar war. Der Shelter war dann ziemlich voll. Smiley entschied sich dafür zum ersten Mal zu zelten. Ich dagegen war ein bisschen faul und legte meine Isomatte einfach auf den Boden.
Tag
Trailmile
17.7., Goddard Shelter
Die ersten Meilen des Tages stellten erstmal keine Probleme dar. Nach 4 Mi kam jedoch ein tiefer Einschnitt in die Landschaft. Innerhalb 1 Mi ging es 700 ft (213 m) nach unten, über die Straße und dann wieder 700 ft nach oben. Da die Knie von Smiley noch nicht ganz auf solche Belastungen eingestellt sind, dauerte es seine Zeit bis wir dieses Hindernis überwunden hatten. Es macht einfach einen ziemlichen Unterschied, ob man mit einem 14 kg Rucksack unterwegs ist oder nicht. Für den Rest des Tages ging es immer weiter gemächlich bergauf. Das Shelter stand dann kurz unter dem Gipfel, auf dem sich ein Aussichtsturm befand. Eigentlich war unser Plan, zum Sonnenuntergang die letzten 0.3 Mi hinauf zu laufen. Aus diesem Plan wurde jedoch nix, denn als wir unser Abendessen kochten, fing es an zu regnen. Smiley kippte nach diesem Tag einfach nur in den Schlafsack, während ich mich noch ein wenig mit den Southboundern unterhielt.
Tag
Trailmile
18.7., Stratton Pond Shelter
In der Nacht regnete es sehr heftig und schlafen war dann eher weniger drin. Unser Plan gegen 4:30 aufzustehen und wenigstens den Sonnenaufgang anzuschauen zerschlug sich damit auch. Am Morgen nahm ich dann zwei Tüten und packte sie zwischen Fuß und Schuhe, denn die sind nicht wasserdicht. Ich erwartete eine Schlammschlacht für den heutigen Tag und die kam dann auch. Zumindest das Profil machte heute keine größeren Probleme. Es ging gemächlich zunächst 13 Mi bergab, sodass Smiley keine Probleme hatte. An einer Straße lagen ein paar Dosen Bier als Trailmagic, die wir uns dann später schmecken lassen wollten. Nach den 13 Mi kam eine weitere Trailmagic mit Hot-Dogs. Das war genau das Richtige, was man vor einem Berg brauchte. Eigentlich wollten wir hier dann zelten, aber Smiley meinte es würde ihm so gut gehen, dass wir noch 6 Mi bis zum nächsten Shelter laufen können. Damit haben wir dann morgen weniger zu gehen - gesagt getan. Auf dem Gipfel stand wieder ein Aussichtsturm und dieses Mal hatten wir eine gute Aussicht, die in Kombination mit dem Bier unschlagbar war. Der Abstieg zum Shelter war dann nur noch eine kleine Hürde. Es lag an einem Staudamm. Die Seen und Staudämme sind hier alle natürlich entstanden und sind unberührt (bis auf ein paar Wanderer).
Tag
Trailmile
19.7., Manchester Center
Am Morgen begann der kurze Run auf die Stadt. Er wurde nach 0.5 Mi jedoch unterbrochen, da Smiley seinen Buff vergessen hatte. Er gönnte sich also an dieser Stelle eine kleine Extrameile. Danach ging es mit hoher Geschwindigkeit weiter, bis zur Straße nach Manchester. Wir mussten nicht mal 1 Mi warten bis jemand uns und noch 2 andere Hiker in seinen nigel nagel neuen Jeep einlud. In der Stadt angekommen, gab es bei McDonalds eine Stärkung. Ursprünglich wollten wir uns ins Hostel einquartieren, aber das war voll. Als wir dann zu einem weiteren Hotel kamen, dachten wir uns uppps das sieht teuer aus, aber fragen kostet ja nichts. Nach ein bisschen Plauderei gab es für uns dann tatsächlich ein Zimmer. Das Palmer Hotel wird von einem älteren deutschem Ehepaar geführt und verfügt über einen 9 Loch Golfplatz, Swimmingpool, Tennisplatz und noch mehr, einfach wunderbar um hier einen Zero morgen zu verleben.
Dazu mussten wir aber erstmal noch Wäsche waschen, Einkaufen und neue Wanderstockspitzen kaufen. Das ist jetzt hoffentlich das letzte Paar Spitzen bis zum Ende. Am Ende gab es ein wunderbar weiches Bett.
Hallo Dominique,
schön von Dir nach einer Pause wieder etwas zu lesen. 1.600 Miles – Respekt !!!
Für den letzten Abschnitt wünsche ich Dir alles Gute und beneide Dich …
Gruß Frank Seifert
Hallo Herr Seifert,
vielen Dank – ich hoffe das es genauso schön weiter geht wie bisher und ich jetzt wieder in alter Regelmäßigkeit Berichte online stellen kann.
Viele Grüße aus Manchester Vermont
Dominique – TakeItEasy